›Wunder‹ von Raquel J. Palacio

Eine Empfehlung von Julia Malik, Lektorat dtv Reihe Hanser 

Auf eine neue Schule zu gehen ist wohl für jedes Kind eine Herausforderung. Für August, zehn Jahre alt, ist es noch mehr als das …

Bisher wurde August, den die meisten nur Auggie nennen, allein von seiner Mutter zu Hause unterrichtet. Jetzt soll er zum ersten Mal in seinem Leben eine öffentliche Schule besuchen. Aber das ist nicht der Grund, weshalb er sich fürchtet. August ist anders als andere Kinder. Nicht dümmer, er ist auch nicht unfreundlich oder in irgendeiner Form gestört, nein, Auggie wäre eigentlich ein ganz normaler Zehnjähriger, wäre da nicht sein Gesicht.

Und dieses Gesicht ist furchtbar. Draußen gaffen ihm selbst die Erwachsenen hinterher, manche wechseln die Straßenseite, wenn sie ihn sehen, andere tuscheln oder spotten über ihn. Sogar Via, Augusts ältere Schwester und eine Löwin, wenn es um die Verteidigung ihres Bruders geht, sagt, Auggies Gesicht sei ein Schlachtfeld. Dabei hat August unzählige Operationen hinter sich, sein Gesicht aber bleibt aufgrund einer seltenen Genmutation entstellt.

Wie also soll es für August werden, plötzlich in einer Klasse mit Gleichaltrigen? Wird er durchhalten?

Raquel J. Palacio beschreibt in ›Wunder‹ Auggies erstes Jahr an der Middle School. Und natürlich wird er geärgert. »Missgeburt« rufen sie ihm hinterher, er habe die Pest, verbreiten sie, ein »Zombie« sei August. Aber die, die das sagen, sind nur wenige. Schließlich gibt es da ja noch die schöne Charlotte, die liebenswerte Summer und nicht zuletzt Jack Will, der sich für August sogar prügelt und sein Freund sein will. Denn Auggie sieht zwar aus wie ein Schreckgespenst, allem voran aber ist er verdammt witzig, klug dabei und ein guter Kumpel und Gesprächspartner.

Trotzdem bleiben die Anfeindungen. Vor allem ein Junge macht August das Leben schwer und stachelt die anderen Mitschüler gegen ihn auf. Wird Auggie sich in der Schule behaupten können? Und werden sich die Kinder, die sich über ihn lustig machen, an sein Äußeres gewöhnen?

Gebannt folgt man als Leser Auggies Entwicklung in diesem wunderbaren Kinderroman, der eigentlich ein Buch für alle ist. Besonders erscheint unter anderem die Erzählhaltung in ›Wunder‹, die nicht nur Augusts Sicht auf die Dinge preisgibt, sondern auch seine Schwester Via, Freund Jack und andere zu Wort kommen lässt. Sie alle treiben die Handlung voran und geben ihr Tiefe.

Vielleicht macht Augusts Geschichte die, die sie lesen, ein wenig toleranter und sensibler. Berühren aber wird dieser besondere Außenseiter, der mitten im Leben steht, jeden.

Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2014